Donnerstag, 25. April 2013

Steffan Heuer und Pernille Tranberg - Mich kriegt ihr nicht!

"Dieses Buch ist kein Plädoyer für den Verzicht auf das Internet im Allgemeinen und soziale Medien im Besonderen. (...)
Dieses Buch dreht sich vielmehr um den aufgeklärten und durchaus misstrauischen Umgang mit Beidem und darum, wie Sie die Kontrolle über Ihre eigene Identität bewahren oder zurückerobern."

Dieses Zitat macht eine guten Eindruck, oder? Ein Buch für jeden, der sich dafür interessiert seine Ausflüge ins Internet sicherer zu machen und sich ein wenig mehr Anonymität zu verschaffen. Wäre das Buch diesem Stil treu geblieben, würde ich es ohne Einschränkung empfehlen und sogar dafür plädieren es zur Schullektüre zu machen, denn Internetkompetenz ist etwas mit dem man nicht früh genug anfangen kann.

Aber die alle ansprechende Formulierung hält nicht an und so bin ich wirklich verwirrt, wer denn nun die Zielgruppe der beiden Autoren ist (oder ist da etwas schief gelaufen, von wegen "zu viele Köche verderben den Brei"?).



Fangen wir mit dem äußeren Erscheinungsbild an: das Cover, die Comicbilder und -Schrift, die jedes Kapitel einläuten, lassen stark vermuten, dass das Buch eher an Teenager gerichtet ist, die zwar das Internet nutzen, aber sich meist noch nicht richtig im Klaren sind, dass Einträge und Fotos dich heimsuchen können, wenn du 10 Jahre später beim Obersten Gerichtshof oder als Manager einer namenhaften Firma anheuern willst.
Die Schriftgröße ist recht groß gewählt und man kann sich schnell durch die Seiten lesen. Zu den einzelnen Kapiteln gibt es noch Anhänge, die kurz Zusammenfassung über Inhalte und vor allem Maßnahmen geben.
Durchaus Material, das für die Schule tauglich wäre.

Wäre da nicht der Text.
Der wiederum ist geschrieben wie für Eltern. Es wird oft Bezug zum Kind genommen und auch generell fühle ich mich als Mittzwanzigerin ohne Kind und Kegel nicht wirklich angesprochen/ einbezogen.
Klar sind auch für mich interessante Tipps dabei, aber dann ein Ratschlag wie "Falls Sie Fragen zur richtigen Vorgehensweise haben, fragen Sie einen Teenager."
ERNSTHAFT?!?
Was macht so ein Rat, bitte in einem sonst recht gut recherchiertem (immerhin 4 Seiten Quellenangaben) Buch? Das sollte unbedingt rausgestrichen werden.

Ergo: ich finde ein Buch sollte entweder eine bestimmte Zielgruppe ansprechen oder möglichst allgemein formuliert werden. Aber nicht so ein merkwürdiger Mischmasch aus dem Anspruch allgemeingültig zu sein, auszusehen, wie für Jugendliche und letztlich aber eher auf Eltern ausgerichtet zu sein.

Das außer Acht gelassen, gibt es wirklich auch sehr positive Aspekte zu nennen. Einer wäre definitiv die Aktualität. Teilweise werden Geschehen vom Januar diesen Jahres thematisiert und auch so ist das Buch am Puls der Zeit. Datenschutz und Internet sind nun einmal enorm wichtig und man kann nur hoffen, dass vor allem Schulen diese Herausforderung annimmt, die die neue Technik bringt.
Genauso wenig sollte man aber Erwachsene (die teilweise auch noch auf "Sie haben gewonnen"-Pop-ups klicken) oder Senioren (die leider oft vergessen werden, aber glaubt mir es gibt viele, die sich dem Internet nicht verschließen) vergessen, die unbedingt mit einbezogen werden sollten.

Außerdem werden einige Themen angeschnitten, die für mich durchaus diskutabel sind; angefangen mit Cybermobbing, was passiert nach meinem Tod mit den Daten oder dass das Netz das Wort Freund "der Bedeutung beraubt" (letzteres halte ich übrigens für salopp gesagt bs).
Auch geradezu irrwitzige Vorkehrungen wie das Verschlüsseln der Korrespondenz, halte ich für etwas überzogen. Hierbei nimmt man ein Programm, dass meine Mail verschlüsselt und der der sie bekommt, braucht das gleiche Programm und den Schlüssel um die Mail wieder zu entschlüsseln. Das mag üblich sein, wenn man bei der CIA, oder einer Schweizer Bank arbeitet, aber wenn ich meinen Eltern oder Freunden auf einmal so käme, würden die mich wahrscheinlich einliefern lassen, wegen Paranoia.

Apropos Paranoia: dieses Buch macht unheimlich paranoid. Hier ein kleiner Auszug:
"Das FBI hat [...] ein erhellendes Dokument mit dem Titel "potenzielle Indikatoren für terroristische Aktivitäten" verfasst. (...) Laut Rundbrief machen sich alle jene des Terrorismus verdächtig, die: übermäßig um Datenschutz besorgt sind, Anonymisierungsdienste (...) verwenden (...), Verschlüsslungssoftware (...) verwenden (...), verdächtige Kommunikationsmethoden verwenden, beispielsweise in einem Computerspiel chatten."
Natürlich wird sofort hinterhergeschoben, dass das nicht die einzigen Indikatoren seien, aber paranoid bin ich an dem Punkt schon längst.

Also grundsätzlich ist es ein gutes Buch, und vor allem ein sinnvolles Buch. Allerdings sollte hier noch einmal überarbeitet werden, an wen sich das Buch richtet und im Zweifelsfall sollte es eine "Erwachsenen- und Rentnerversion" geben, die optisch etwas  ansprechender gestaltet wird.
Besonders gut ist die Zusammenfassung gelungen (wenn man mal von diesem ätzenden "fragen Sie einen Teenager" Tipp absieht).



P.S.: Ich meine auf Seite 81 einen Fehler entdeckt zu haben. Dort heißt es: 
"(...) Microsoft behauptet, private E-Mails in Outlook.com (soll Hotmail auf lange sich einsetzen) nicht zu scannen."
Das in Klammern soll wohl "soll Hotmail auf lange Sicht ersetzen" heißen.

Erschienen ist dieses Buch beim Murmann Verlag.
Bestellen kann man das Buch hier.
Danke auch an Blog dein Buch!

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